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3   REINIGUNGSPRODUKTE » WISSENSWERT


            DESINFEKTIONSMITTEL



            HÄNDEDESINFEKTION
            Die Bedeutung der Händehygiene gerät aktuell noch einmal stärker ins Bewusst-
            sein. Vor dem Hintergrund, dass ein Mangel an Desinfektionsmitteln herrscht, hat
            das RKI die Formulierungen auch hinsichtlich ihrer Qualität bewertet.

            ZU HAUSE TUT ES DIE SEIFE
            Das RKI gibt ein epidemiologisches Bulletin mit den wichtigsten Fakten heraus
            und weist noch einmal darauf hin, dass Händedesinfektionsmittel in medizini-
            schen und pflegerischen Einrichtungen „das Mittel der Wahl“ sind, ihr Einsatz
            in Privathaushalten allerdings „keinen Vorteil in Bezug auf die Inaktivierung von
            SARS-CoV-2“ gegenüber dem gründlichen Waschen der Hände hat. Als knappes
            Gut sei das Desinfektionsmittel derzeit dem Gesundheitswesen vorzubehalten, um
            dort der Ausbreitung von SARS-CoV-2 entgegenzuwirken.
            Folgende Punkte arbeitet das RKI heraus:
            •   Die Bestandteile eines alkoholischen Händedesinfektionsmittels sind in der   FLÄCHENDESINFEKTIONSMITTEL:
              Regel 1-Propanol, Isopropanol (2-Propanol)  und/oder Ethanol und Wasser.  Flächendesinfektion - Warum Flächendesinfektion?
            •   Die Voraussetzungen zur Deklaration der Wirksamkeit bei Händedesinfektions-  Sicherheit und Schutz durch Flächendesinfektion
              mitteln schlüsseln sich auf in die Wirksamkeit gegen Bakterien, gegen Hefen
              und zusätzlich gegen auch gegen Viren. Diese Zusammensetzung ist vor allen   Krankheitserreger können monatelang auf Flächen überleben und über Hände
              im Einsatz gegen das neuartige Coronavirus.        oder Staub auf Menschen übertragen werden. Daher ist die Flächendesinfektion
            •   Die Voraussetzungen und Anforderungen zur Qualität und Unbedenklich-  eine wichtige Maßnahme, um die Übertragung von Krankheiten zu verhindern
              keit prüft das  Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).   (Infektionsprophylaxe).

              BESCHAFFENHEIT UND WIRKSAMKEIT:                    Es gibt die
              •  Bakterizidie                                    •   Routinemäßige bzw. laufende Desinfektion: Sie dient der Prophylaxe.
              •  Levurozidie (wirksam gegen Hefen)               •   Gezielte Desinfektion: Sie erfolgt z. B. bei der erkennbaren Kontamination von
              •  „Begrenzt viruzid“ - wirksam gegen behüllte Viren (wie SARS-CoV-2)  Flächen mit Blut, Eiter, Ausscheidungen oder anderen Körperflüssigkeiten sowie
              •  „Begrenzt viruzid PLUS“ - wirksam gegen behüllte Viren sowie die    bei Ausbruchsituationen oder Auftreten spezieller Krankheitserreger.
                endemischen Ausbruchsviren Adeno-, Noro- und Rotaviren  •   Schlussdesinfektion: Sie erfolgt bei Verlegung oder Tod eines infizierten oder
              •  „Viruzid“ - wirksam gegen behüllte sowie die meisten unbehüllten Viren    mit Erregern kolonisierten Bewohners oder Patienten. Desinfiziert werden
                wie zum Beispiel Enteroviren                      patientennahe bzw. alle erreichbaren Oberflächen und Gegenstände, die mit
                                                                  den Krankheitserregern kontaminiert sein können.

              Aufgrund des Mangels an pharmazeutisch hergestellten und geprüften   FOLGENDE FLÄCHEN SOLLTEN IN DER REGEL
              Desinfektions mitteln wurden in Deutschland auch Mittel zugelassen, die   DESINFIZIERT WERDEN:
              nicht geprüft oder zu denen keinen Erfahrungsberichte vorliegen, wie etwa
                Lösungen, die Natriumhypochlorit und Hypochlorsäure enthalten. Diese müssen   •   Oberflächen mit häufigem Hände- bzw. Hautkontakt
                                                                  (Türgriffe, Handläufe, Tastaturen, etc.)
              aber stets den Vorbedingung für den Einsatz  nach  Ausnahmezulassung
      Reinigungsprodukte  •   Zudem listet der RKI-Bericht die Alternativen und Modifikationen der WHO-   •   Flächen in gemeinschaftlich genutzten Sanitärbereichen
                                                                 •   Behandlungs- und patientennahe Flächen
              (AV-BAuA)  entsprechen und ihre Wirksamkeit,  Unbedenklichkeit, Qualität
                                                                  (Behandlungsstuhl, Liege, Nachttisch, Bettgestell etc.).
              und Praktikabilität etabliert sein. Sie müssen außerdem der Giftzentrale des
              Bundesinstituts  für  Risikobewertung (BfR) gemeldet werden.
                                                                  (Toiletten, Duschen, Wannen, Waschbecken etc.)
                                                                 •   Arbeitsflächen, z. B. Verbandswägen, Flächen zum Richten von Medikamenten
              Formulierungen auf. Bei der Eigenherstellung muss darauf geachtet werden,
                                                                  oder Spritzen, Flächen zur Bearbeitung von Lebensmitteln, Wickeltische u. ä.
              um die Qualität und Unbedenklichkeit für die Anwendung zu gewährleisten.
      3       dass die Hersteller der Rohstoffe Analyse-Zertifikate dem Anwender vorlegen,   •   Medizinische Geräte (Monitore, Tastaturen, Außenflächen bei medizinischen
                                                                  Geräten mit häufigem Kontakt)
            •   Abschließend wird die Hautpflege nach der Händedesinfektion empfohlen
                                                                 •   Fußböden in Risikobereichen (z. B. in Zimmern von Abwehrgeschwächten,
            BESTANDTEILE                                          akut Erkrankten, MRSA-Patienten oder Patienten, bei denen invasive Eingriffe
                                                                  vorgenommen werden)
            Bestandteile eines alkoholischen Händedesinfektionsmittels Alkoholische Hände-  •   Bei Kontamination mit Blut, Ausscheidungen, etc. werden Fußböden und
            desinfektionsmittel bestehen im Wesentlichen aus dem Wirkstoff, in der Regel   Oberflächen sofort gezielt wischdesinfiziert
            1-Propanol, Isopropanol (2-Propanol) und/oder Ethanol und Wasser.9 Daneben
            enthalten die meisten Rezepturen weitere Bestandteile, die die Eigenschaften des
            Mittels beeinflussen. Dazu gehören u.a. sogenannte Vergällungsmittel, „Rück-
            fetter“, Feuchthaltemittel, Farb- und Parfümstoffe sowie Gelierungsmittel. Die
            Standardzulassungen verzichten Epidemiologisches Bulletin 19 |2020 Online
            vorab: 4. Mai 2020 13 auf Zusatzstoffe (außer Vergällungsmitteln) und sind damit
            reine Wirkstoff-Wasser-Gemische.4, 5 Die WHO-Rezepturen enthalten Glyzerol   ÜBRIGENS...
            (Glyzerin), das als Feuchthaltemittel die Hautfreundlichkeit verbessern soll sowie   Böden und Oberflächen in hygienisch sensiblen Bereichen sollten glatt,
            Wasserstoffperoxid (H2 O2 ), um die sonst üblicherweise durch Sterilfiltration   fugendicht, abwischbar und desinfizierbar sein. Textile Fußbodenbeläge
            erreichte Bakteriensporenfreiheit zu gewährleisten.   hingegen sind nur schwer zu desinfizieren. Daher sollten sie dort nicht
            Quelle: RKI und ZM Online                             verlegt sein, wo eine regelmäßige Desinfektion notwendig ist.



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