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Prüfungen und Annahmen:
Fertigungskontrollen, Sonderprüfungen zur Übersicht
Für „Mechanische Verbindungselemente” (Schrauben, Muttern und Zubehörteile) sind sämtliche funktionsrelevanten äußeren und in-
neren Merkmale in DIN-, ISO- oder EN-Normen detailliert geregelt – und zwar in:
– Produkt-Normen (z.B. DIN 931/ISO 4014) – Grund-/Funktions-Normen (z.B. DIN 13, 267/ISO 898, 4759, 3269…)
Angaben über Figur des Produktes, zugeordnete Ausführung Regelungen für gemeinsame Merkmale der verschiedenen
und Produktklasse (Toleranzgruppe), übliche Festigkeitsklassen Produkte wie z.B. Gewinde, Toleranzen, Oberflächenausfüh-
und/oder Werkstoffe und Nennmaße. Außerdem enthält jede rungen, Korrosionsschutz, mechanische Eigenschaften und
Produktnorm „normative Verweise” auf mitgeltende Grund-/ entsprechende Werksprüfprogramme – und auch Annahme-
Funktions-Normen. Prüfbedingungen.
Durch Benennung eines Artikels mit einer Produktnorm-Nummer sind alle verwiesenen Grundnormen als „Technische Lieferbedingungen”
automatisch mitgeltend einbezogen - dies gilt auch für nicht genormte Gewinde- und Formteile - wenn keine besonderen Vereinbarun-
gen zwischen Besteller und Lieferant getroffen wurden.
Normen können immer nur einen allgemeinen Standard für Produkte „für allgemeine Verwendung” regeln – das gilt auch für „Mechanische
Verbindungselemente” (Å ISO 3269/8992). Für über diese normativen Regelungen hinausgehende höhere Anforderungen für spezielle
Einsatzfälle ist es Aufgabe des Verwenders, die Vorgaben zu definieren und nötige zusätzliche Prüfanforderungen zu bestimmen.
1. Qualitätskontrollen in der Fertigung:
In Grund-/Funktions-Normen sind Prüfprogramme und -Verfahren vorgegeben, nach denen der Hersteller durch ständige Stichproben-
kontrollen die Einhaltung normgerechter Qualität seiner Erzeugnisse sicherzustellen hat. Neben den obligatorischen Kontrollen auf
Maßhaltigkeit und Oberflächenzustand werden u.a. folgende Kontrollen aufgeführt:
∙ für Schrauben und ähnliche Gewindeteile (Å z. B. ISO 898-1) ∙ für Muttern (Å z. B. ISO 898-2)
– Härteprüfung, Prüfkraftversuch – Härteprüfung, Prüfkraftversuch
– Kopfschlag-/Schrägzugversuch – Aufweitversuch
– Randentkohlungsprüfung
Welches Prüfverfahren im Schiedsfall gilt ist in den Normen vorgegeben. Alle genormten mechanischen Eigenschaften gelten im
Allgemeinen bei Raumtemperatur (ca. +20 °C).
2. Zusätzliche Prüfungen – Prüfbescheinigungen
Für besondere Anforderungen und/oder sicherheitsrelevante Einsatzfälle können zusätzliche artikel- oder einsatzspezifische Prüfungen –
werksseitig oder durch beauftragte werksunabhängige Sachverständige oder Prüfinstitute – durchgeführt werden. Die Ergebnisse dieser
Extraprüfungen werden in einer Prüfbescheinigung dokumentiert.
Art und Umfang dieser zusätzlichen Prüfungen und wer diese durchführen und dokumentieren soll, hat der Verwender aufgrund seiner
Kenntnisse über Einsatz und besondere Anforderungen (wie z.B. durch Werknormen) zu bestimmen und entsprechend bei Bestellung
vorzugeben. Die Kosten für zusätzliche Prüfungen sind üblicherweise nicht im Produktpreis enthalten.
2.1. Prüfbescheinigungen nach ISO 16228
Für Mechanische Verbindungselemente ist im Mai 2018 die ISO 16228 erschienen und ersetzt DIN 11204. Diese Norm legt die ver-
schiedenen Arten von Prüfbescheinigungen für mechanische Verbindungselemente fest, in der es auch die 4 Bescheinigungsarten nach
ISO 10204 gibt, allerdings mit vorangestelltem F (für Fastener), also F2.1, F2.2, F3.1, F3.2. Desweiteren wird der Inhalt der Prüfbescheini-
gung für mechanische Verbindungselemente festgelegt und kann auf fertig hergestellte mechanische Verbindungselemente angewendet
werden, wie Bolzen, Schrauben, Gewindebolzen, Muttern, Unterlegscheiben, Stifte, Nieten und so weiter, welche aus Stahl, nichtros-
tendem Stahl, Nichteisenmetallen oder nichtmetallischen Werkstoffen hergestellt sind. In den Prüfbescheinigungen (F2.2, F3.1, F3.2)
werden die Prüfergebnisse aus den Zeugnissen der Vormateriallieferanten übernommen und/oder die Referenzprüfungen an den fertigen
Verbindungselementen aufgenommen. Dies kann bei dem F3.1 durch den eigentlichen Hersteller oder durch den Vertreiber geschehen.
Die ISO 16228 ist somit eine sinnvolle Zusammenfassung der EN 10204 und DIN 11204 und eine Erleichterung für die Handhabung von
Prüfbescheinigungen für Verbindungselemente.
2.2. Prüfinhalte - nach ISO 16228 (ehemals DIN 11204)
Werden keine Angaben über den Umfang der Prüfinhalte in der Bestellung vereinbart, so gilt ISO 16228.
Tabelle 1 — Prüfinhalte für mechanische Verbindungselemente (Auszug aus ISO 16228)
Art der Kontrolle Art der Kontrolle
Schrauben Werkstoffeigenschaften/ funktionelle Muttern Werkstoffeigenschaften/ funktionelle
mechanische und physische Eigenschaften Eigenschaften mechanische und physische Eigenschaften Eigenschaften
Chemische Zusammensetzung außer für F2.2 (M) Chemische Zusammensetzung außer für F2.2 (M)
Schrauben Zugfestigkeit (M) Gewinde- Muttern Prüflast (A) Gewinde-
a)
ISO 898-1 abnahme (A) ISO 898-2 abnahme (A)
Härte für vergütete Festigkeitsklasse (M) Härte für vergütete Festigkeitsklasse (M)
Chemische Zusammensetzung außer für F2.2 (M) Chemische Zusammensetzung außer für F2.2 (M)
Schrauben Zugfestigkeit und Bruchdehnung (M) Gewinde- Muttern Prüflast (A) Gewinde-
ISO 3506-1 Härte für mechanische Verbindungselemente aus mar- abnahme (A) ISO 3506-2 Härte für mechanische Verbindungselemente aus mar- abnahme (A)
tensitischem und ferritischem nichtrostendem Stahl (M) tensitischem und ferritischem nichtrostendem Stahl (M)
(M) = Messung, (A) = durch Attributprüfung
a) Wenn möglich, muss die Zugfestigkeit an mechanischen Verbindungselementen durch Prüfung an ganzen Schrauben nach dem Prüfprogramm FF nach ISO 898-1 geprüft werden.
Wenn keine der in ISO 898-1 spezifizierten Zugprüfungen durchführbar ist, muss die Ersatzprüfung, die durchgeführt werden muss, zum Zeitpunkt der Bestellung vereinbart werden.
Grundsätzliche Hinweise:
– Die durch zusätzliche Prüfungen ermittelten und in Prüfbescheinigungen – Alle in 1. und 2. benannten Prüfungen werden allgemein an Stichpro-
dokumentierten Werte sind keine „zugesicherten Eigenschaften” bzw. ben durchgeführt. Deren Ergebnisse sind zwar weitgehend repräsentativ
„Beschaffenheitsgarantien“ im Sinne des § 267 BGB und entlasten den für das Lieferlos einer Charge – aber eine 100%ige Garantie für jedes
Verwender nicht von sachgerechter Wareneingangsprüfung (§ 377 HGB). Teil des Loses kann hieraus ebenso wenig abgeleitet werden wie die
Tauglichkeit für einen bestimmten Zweck.
TI/2019.10/DE
TI-252